Ein Arbeitsvertrag in Polen kann sowohl von einem Arbeitnehmer als auch von einem Arbeitgeber gekündigt werden. Da es sich um eine einseitige Entscheidung einer der Vertragsparteien handelt, bedarf sie keiner Zustimmung der Gegenpartei. Die Kündigung kann sowohl im Fall eines Arbeitsvertrages auf Probezeit als auch auf eine bestimmte oder unbestimmte Zeit ausgesprochen werden. Die Erklärung über die Kündigung des Arbeitsvertrages hat schriftlich zu erfolgen.
Bei einem auf eine Probezeit abgeschlossenen Arbeitsvertrag beträgt die Kündigungsfrist kraft Gesetzes:
1) 3 Werktage, sofern die Probezeit 2 Wochen nicht überschreitet,
2) 1 Woche, sofern die Probezeit mehr als 2 Wochen beträgt,
3) 2 Wochen, sofern die Probezeit 3 Monate beträgt.
Im Fall eines auf eine unbestimmte oder auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsvertrages ist für die Kündigungsfrist die Dauer der Beschäftigung bei dem betreffenden Arbeitgeber maßgeblich, weil:
- wenn ein Arbeitnehmer kürzer als 6 Monate beschäftigt war, beträgt die Kündigungsfrist 2 Wochen
- wenn ein Arbeitnehmer mindestens 6 Monate beschäftigt war, beträgt die Kündigungsfrist 1 Monat,
- wenn ein Arbeitnehmer mindestens 3 Jahre beschäftigt war, beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate.
Das Arbeitsverhältnis wird zu dem Zeitpunkt begründet, der in dem Arbeitsvertrag als Tag des Arbeitsbeginns bestimmt ist oder, falls dieser Zeitpunkt nicht bestimmt wurde, mit dem Tage des Abschlusses des Arbeitsvertrages und endet zum letzten Tag der Kündigung. Sollte ein Arbeitsverhältnis im Laufe der Kündigungsfrist die in der angeführten Vorschrift genannten Grenzwerte überschreiten, verlängert sich auch entsprechend der Kündigungszeitraum.
Zum Beispiel bei einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsvertag am 04.09.2017 abgeschlossen und als erster Arbeitstag der 2.10.2017 bestimmt wurde, beginnt das Arbeitsverhältnis nicht am Tag des Vertragsabschlusses, sondern am 2.10.2017. Sollte dem Arbeitnehmer die Kündigung seines Arbeitsvertrages zum 29.09.2020 ausgehändigt werden, gilt nicht eine einmonatige, sondern schon eine dreimonatige Kündigungsfrist. Das ergibt sich daraus, dass zum 2.10.2020 drei Jahre seiner Beschäftigung ablaufen und die Kündigungsfrist auf die Beschäftigungszeit angerechnet wird.
Beträgt die Kündigungsfrist eines Arbeitsvertrages eine Woche oder einen Monat oder ein Vielfaches hiervon, so endet sie entsprechend an einem Samstag oder an dem letzten Tag des Monats.
Zum Beispiel hat ein Arbeitgebereinen Arbeitsvertrag auf Probezeit von drei Monaten am 8. September 2020 (Dienstag) ausgesprochen. Die Kündigungsfrist ist in einem solchen Fall zwei Wochen lang. Sie beginnt am 13. September 2020 (Sonntag) zu laufen und endet am Samstag, den 26. September 2020.
Zum Beispiel hat ein Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit am 9. September 2020 (Mittwoch) ausgesprochen. Da er bei seinem Arbeitnehmer 4 Jahre beschäftigt war, beträgt seine Kündigungsfrist drei Monate. Der Beginn der Kündigungsfrist erfolgt am ersten Tag des nachfolgenden Monats, d.h. am 1. Oktober 2020 und endet am 31. Dezember 2020.
Sollte der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen, hat seine Erklärung darüber eine Belehrung über das dem Arbeitnehmer zustehende Recht auf die Einlage des Einspruchs gegen die Kündigung seines Arbeitsvertrages innerhalb von 21 Tagen ab Zustellung des Kündigungsschreibens an das zuständige Arbeitsgericht zu enthalten.
Darüber hinaus ist der Arbeitgeber verpflichtet, falls er einen Arbeitsvertrag auf eine unbestimmte Zeit kündigt, den Grund für seine Kündigung anzugeben, aber früher muss er seine Absicht, das Arbeitsverhältnis zu beenden, mit der betrieblichen Gewerkschafts-organisation obligatorisch konsultieren.
Über die o.g. Absicht unterrichtet der Arbeitgeber die den Arbeitnehmer vertretende betriebliche Gewerkschaftsorganisation schriftlich und unter Angabe des Grundes für die Auflösung des Vertrages. Ist die betriebliche Gewerkschaftsorganisation der Auffassung, dass die Kündigung ungerechtfertigt wäre, kann sie innerhalb von 5 Tagen nach Empfang der Benachrichtigung dem Arbeitgeber schriftlich begründete Einwände mitteilen. Nach Prüfung der Stellungnahme der Gewerkschaftsorganisation sowie in dem Falle, dass die Gewerkschaftsorganisation eine Stellungnahme innerhalb der festgelegten Frist nicht abgibt, trifft der Arbeitgeber selbst eine Entscheidung über die Kündigung. Die Stellungnahme der Gewerkschaftsorganisation ist für den Arbeitgeber nicht bindend. Ohne sie darf er aber ein Arbeitsverhältnis rechtmäßig nicht beenden.
Der o.g. Grund für die Kündigung soll real, wahr und konkret sein, d.h. er muss tatsächlich bestehen (aktuell sein), eben er muss die Ursache für die Kündigung bilden und darf allgemein nicht formuliert sein. Der Arbeitnehmer soll – nach der Kenntnisnahme der Umstände seiner Kündigung – wissen und verstehen, warum er entlassen wird.
Zum Beispiel kann als Grund der Kündigung ausschließlich der Vertrauensverlust des Arbeitgebers gegenüber der Arbeitnehmerin nicht angegeben werden, da er zu allgemein formuliert ist und sich daraus nicht ergibt, was die Kündigung tatsächlich verursacht hat. Wenn zusätzlich der wahre Grund für die Kündigung die Tatsache wäre, dass der Arbeitnehmer die im Betrieb geltenden Grundsätze des sozialen Zusammenlebens nicht beachtet, dann würde dieser Grund durch ein Arbeitsgericht nicht nur als scheinbar, zu allgemein, aber auch als nicht bestehend beurteilt.
In einer solchen Situation würde dem o.g. Arbeitnehmer das Recht auf die mit der rechtswidrigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zusammenhängenden Ansprüche zustehen, d.h. Anspruch auf:
- die Entscheidung über die Unwirksamkeit der Kündigung (bis zum Ablauf der Kündigungsfrist),
- die Entscheidung über die Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen (wenn der Vertrag bereits aufgelöst wurde),
- die Entschädigung (wenn die Entscheidung über die Unwirksamkeit der Kündigung oder über die Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht als unmöglich oder unzweckmäßig beurteilt wird).
Der Arbeitgeber kann mehrere Kündigungsgründe angeben, einschließlich dieser, die den Arbeitgeber selbst betreffen. Die Kündigung ist dann begründet, wenn zumindest ein von den genannten Gründen gerechtfertigt ist. Die Verletzung der Arbeitspflichten muss darüber hinaus nicht schwer sein. Eine schwere Verletzung von grundlegenden Arbeitspflichten durch den Arbeitnehmer, wie z.B. Diebstahl des betrieblichen Vermögens, bildet eine Grundlage für die Auflösung des Arbeitsvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist (was auf der anderen Seite die „normale“ Kündigung durch den Arbeitgeber nicht ausschließt).
Im Zusammenhang mit der Kündigung des Arbeitsvertrages, unabhängig davon, welcher der Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis endet, kann ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer bis zum Ende der Kündigungsfrist von der Arbeitspflicht gegen Entgelt freistellen. Während der Kündigungszeit ist ein Arbeitnehmer ebenfalls verpflichtet, den ihm zustehenden Erholungsurlaub in Anspruch zu nehmen, wenn in dieser Zeit ein solcher Urlaub vom Arbeitgeber gewährt wird. Im Falle der Nichtinanspruchnahme des zustehenden Urlaubes im Ganzen oder zu Teilen aufgrund der Auflösung des Arbeitsverhältnisses steht dem Arbeitnehmer eine Urlaubsabfindung zu.
Das Recht des Arbeitnehmers auf Urlaub hängt von seiner Beschäftigung und nicht von seiner Arbeitsleistung ab. Es kann also passieren, dass ein Arbeitnehmer keinen Tag gearbeitet hat, aber das Recht auf Erholungsurlaub trotzdem erworben hat.
Zum Beispiel wurde ein Arbeitnehmer zum 01.09.2020 eingestellt. Zu diesem Tag ist er aber zur Arbeit nicht erschienen und war sieben Tage lang krankgeschrieben. Obwohl er keinen Tag gearbeitet hat, hat er den Anspruch auf Erholungsurlaub erworben. Das Ausmaß des Urlaubs wird von vielen Umständen geprägt, z.B. von der ganzen Dauer der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers, aber auch von der Tatsache, ob es sich um die erste oder weitere Einstellung handelt.
Im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsvertrages muss sich der Arbeitgeber mit dem entlassenen Arbeitnehmer auch abrechnen. Zu zahlen sind, außer dem Grundgehalt und dem o.g. Urlaubsabfindung, alle andere sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Forderungen, wie: die eventuellen Überstunden, Prämien sowie die Geldabfindung etc.
Die Geldabfindung ist nur dann fällig, wenn die Kündigung aus den ausschließlich den Arbeitgeber betreffenden Gründen stattfindet. Sie wird sowohl im Fall individueller als auch Massenentlassungen beim Arbeitgeber, der mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, angewandt. Ihre Höhe ist gesetzlich begrenzt und gleicht der Höhe:
- 1) eines 1-Monat-Gehalts, wenn der Arbeitnehmer bei dem betreffenden Arbeitgeber unter 2 Jahren beschäftigt war;
- 2) eines 2-Monat-Gehalts, wenn der Arbeitnehmer über 2 und unter 8 Jahren beschäftigt war;
- 3) eines 3-Monat-Gehalts, wenn der Arbeitnehmer bei dem betreffenden Arbeitgeber über 8 Jahren beschäftigt war.
Kraft Gesetzes kann die Geldabfindung die Höhe des 15-maligen Mindestlohnes, der nach Sondervorschriften zu bestimmen ist und am Tag der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gilt, nicht überschreiten. Da im Jahr 2020 das Mindestlohn in Polen PLN 2.600,00 brutto beträgt, beträgt somit ihre maximale Höhe PLN 39.000,00 brutto. Die aufgeführte Vorschrift schließt aber die Möglichkeit nicht aus, einem Arbeitnehmer mehr auszuzahlen, falls die Parteien einvernehmlich dies vereinbaren.
Darüber hinaus ist es zu beachten, dass es solche Gruppen von Arbeitnehmern gibt, die kraft Gesetzes vor der Kündigung geschützt werden. Dazu gehören insbesondere die Arbeitnehmer:
- denen nicht mehr als 4 Jahre zum Erreichen des Rentenalters fehlen, sofern ihre Beschäftigungszeit mit dem Erreichen dieses Alters das Recht auf eine Altersrente gewährt (Alterskündigungsschutz),
- während des Urlaubs oder während einer anderen entschuldigten Abwesenheit in der Arbeit (u.a. während Krankschreibung), wenn die Frist, die eine Auflösung des Arbeitsvertrages ohne Kündigung erlaubt, noch nicht abgelaufen ist (Schutz bei entschuldigter Abwesenheit),
- während der Schwangerschaft oder während des Mutterschaftsurlaubs, wobei diese Vorschrift entsprechend auch auf einen Arbeitnehmer angewandt wird, der als Vater oder als Mitglied der unmittelbaren Familienangehörigen ein Kind während der o.g. Zeit erzieht,
- während der Erziehungsurlaub, gerechnet ab dem Tag, an dem der dazu berechtigte Arbeitnehmer /-in einen Antrag auf:
- a) Gewährung des Erziehungsurlaubs – bis zur Beendigung dieses Urlaubs;
- b) Arbeitszeitverkürzung – bis zum Tag, an dem wieder in nicht verkürzter Arbeitszeit gearbeitet wird, jedoch nicht länger als insgesamt über einen Zeitraum von 12 Monaten, gestellt hat.
Aufgrund anderer arbeitsrechtlicher Gesetze dürfen auch solche Personen, die wichtige soziale Funktionen ausüben, nicht entlassen werden. Zu solchen Personen gehören unter anderem:
- Mitglieder eines Betriebsrates (auch in einem staatlichen Unternehmen),
- Sozialinspektoren für Arbeit,
- Mitglieder einer Gewerkschaftsorganisation, die durch den Beschluss ihrer Geschäftsführung bestellt wurden, die zu ihrer Vertretung dem Arbeitnehmer gegenüber berechtigt sind,
- Arbeitnehmer, die zum Militärdienst einberufen wurden.
Vollständige Aufhebung des Kündigungsschützes findet grundsätzlich nur im Falle einer Insolvenz oder Liquidation des Arbeitgebers (auch bei Massenentlassungen) statt. In dieser zwei Situation können alle Arbeitnehmer, unbeachtet die o.g. Ausnahmen, entlassen werden.
Stand: 8.03.2021